Einfache Lösungen. Beiträge zur beginnenden Unvorstellbarkeit von Problemen der Gesellschaft

 

Bernd Ternes

 

 

„Will man die Ergiebigkeit von Verallgemeinerungen kontrollieren, muß man die Begriffe der allgemeinsten Analyseebene, die man benutzt, nicht als Merkmalsbegriffe, sondern als Problembegriffe anlegen. Die allgemeine Systemtheorie fixiert dann nicht die in allen Systemen ausnahmslos vorzufindenden Wesensmerkmale. Sie wird vielmehr in der Sprache von Problemen und Problemlösungen formuliert [...]“[1]

 

"Thinking can be simple"[2]

 

 

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Einfache Lösungen. Keine Frage - die unmittelbaren Assoziationen, die ausgelöst werden durch die Worte ein­fach und Lösung, treiben Nachdenkende eher in die Reserve denn zur Heiterkeit des Ein­falls. Ein­fache Lösungen haben, wenn schon nicht den Erinnerungsleichenberg der End-Lö­sung hinter sich, so zumindest unausweichlich die Vorstellung des brachialen "kurzen Pro­zesses" an sich, womöglich noch handlungstheoretisch gefasst als Kurzen-Prozeß-Ma­chen — in der professionell ignoranten Werbung heißt es dann doppeldeutig, wenngleich einwertig: Wir machen es einfach.

Blicke in die ungewöhnlich interferenzdichte Etymologie lassen ähnliche Topoi erkennen: Das gemeingermanische mittelhochdeutsche los gehört zu der s-Erweiterung der unter Lohe (zum gerben verwendete Rinde) dargestellten indogermanischen Wurzel leu: (ab)schneiden, (ab)schälen, (ab)reißen. Lösung heißt, zumindest legt das die Sprachverwandtschaft zu verlieren (Verlies, Verlust) nahe, daher immer, daß etwas verloren oder entfernt wird, damit etwas anderes, meist das Material der Lösung, lose werden kann.[3] Wird das durch Entfernung sich einstellende Lose unproblematisch gebündelt, zusammengesetzt, eingefangen, dann hat man eine einfache Lösung[4] bzw. etwas vereinfacht— aber für wen und für was? Lösungen findet man also nicht vor, sondern sind mehr oder weniger gewünschter Effekt harter Auflöse- und Rekombinationsarbeit. Zudem müssen sie als Lösung verstanden werden[5] oder zumindest vom Verstandensein unabhängig wirken können. Die Gefahr besteht dann darin, daß Lösungen nicht mehr mitteilen, zu welchem Problem sie gehören. Rekonstruierbar bleibt nur ein Zusammenhang zwischen einer Notwendigkeit des (Aus)-Löschens = Gefahr, und der operationabel gemachten Unmöglichkeit des Gefahrauslöschens in Gestalt des Lösens = Risiko. Wer die Genese von Lösungen in der Erfahrung der Unmöglichkeit des Löschens ansetzt, spricht allerdings nicht mehr von Problemen, sondern von Welt. Und handelt es sich dann noch um einfache Lösungen, ist vollends nicht mehr auszumachen, ob die Einfachheit der Lösung bzw. die Lösungskraft des Einfachen historistisch, strukturalistisch oder rationalistisch in "die" Welt hinein gedeutet werden können, so daß man zu sagen hätte: Diese einfache Lösung passt sowohl in als auch auf die Welt.[6] Solcherart Lösungen wären jedoch nicht als säkularisierte Fortsetzungen der religiös informierten Erlösung zu verstehen, da es der Erlösung immer um eine qualitativ andere präpositionale Beziehung zur Welt ging, nämlich um das Erlösen von; eine Fassung also, von der Adorno angesichts der Überforderungen des Gedankens annimmt, daß die „Frage nach der Wirklichkeit oder Unwirklichkeit der Erlösung selber fast gleichgültig“ geworden ist.[7]

Die mehr Zwang als Konvention gewordene Gewohnheit, bei den zeiträumlichen und gegenstandtheoretischen Distinktionen und Grenzziehungen zwecks Generierung eines Problems oder möglicher Lösungen für ein "gegebenes" Problem auf die nach innen wie außen unendlich erscheinende Vielfalt von Wissen und Informationen Rücksicht zu nehmen, so als wolle man die Komplexitätssensibilität der Bewußtseinsfunktion Wahrnehmung in den Grenzen der sprachlichen Kommunikation[8] vertreten, läßt das Fragen nach oder das Sondieren von einfachen Lösungen beinahe einem Tabubruch gleichkommen. Wer behauptet, eine einfache Lösung zu haben, die funktioniert und wirkt, der wird in der Regel nicht mehr ernst genommen, wenngleich auch selten als genial gefeiert. Wer allerdings komplizierte Lagen beschreibend auflöst in einfachen Lösungen, der ist von vornherein diskreditiert, zumindest von denen, die finanzielles, politisches oder kulturelles Kapital daraus ziehen, den spezifischen und allgemeinen Öffentlichkeiten klar zu machen, warum man komplexen Problemen nur komplex begegnen darf. Einfach ist oft einfach zu einfach, zumindest für vereinfachtes Denken. Während vorgestellte oder artikulierte Lösungen meist als maßlose Übertreibungen bedeutet werden, kommt die Feststellung eines Sach- oder Weltverhaltes als Problem zumeist untertreibend, euphemistisch oder schlicht angstverdrängend daher.[9] Von daher ist die Formatierung eines "Verhalts" als Problem schon eine erste, wenngleich eher methodische Lösung, die, indem sie Angst präventiv zu ignorieren sucht, sehr schnell wieder zu einem Syndrom werden kann, das, selbst nicht mehr problematisierbar, oft zu Katastrophen oder zu Psychosen führen kann, für die es auch keine Lösungen mehr gibt, sondern entweder Vernichtung oder erzwungene Affirmation.

 

 

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Oder radikaler: Das Denken im Schema Problem/Lösung gilt vielen als längst überholt, um sich im Modus der Problematisierung und Thematisierung an das heranzuma­chen, was auf ewig unsichtbar der sich zur Zeit ummodelnde Gesamtzusammenhang einer Gesellschaft genannt wird[10]. Sich Weltsachverhalten, Welttatbeständen und gesellschaftlichen Tatsachen des Sozialen über das Schema Problem/Lösung zu nähern, so der Verdacht, zeige nur noch Ignoranz an gegenüber den wachsenden Vakua der Handlungs- resp. der Unterlassungsdringlichkeiten.[11] Je eindeutiger die Problemlösungskapazität der Kompatibilisierung technischer Systeme steigt (trotz nicht eben selten passierender Katastrophen), desto mehrdeutiger, wenn nicht undeutbarer werden die Problemlösungskapazitäten, die in der gewaltlosen Verständigung sozialer Systeme zu vermuten sind. Man scheint nicht nur nicht mehr positive Eingrenzungen von Lösungen bestimmter Probleme angeben zu können; auch die negative Identifizierung (also was alles nicht passiert, nicht gelöst wird, nicht betroffen, nicht geleistet wird) beginnt zu verschwimmen.

Wenn "das" Problem der Gesellschaft, nämlich sowohl immer bis auf weiteres anhaltend fortfahren zu müssen (Autopoiesis oder Systemdynamik), als auch zugleich dauernd die Möglichkeit bereitzuhalten, bis auf weiteres anhalten können zu müssen ("Gestaltungsprinzip"), eine Aufteilung erzwingt, die ein und dasselbe als gelöstes Problem und immer wieder zu lösendes Problem ausmacht, dann ist nicht mehr recht ersichtlich, was jenseits eines rein analytischen Rahmens[12] die Unterscheidung Problem/ Lösung noch zu sehen erlaubt. Nicht mehr muß sich die These rechtfertigen, daß eigentlich nur noch diejenigen, die Lösungen anbieten oder sich als Problemlöser figurieren, die Probleme schaffen, sondern vielmehr die eher selbstverständlichere These, nach der Probleme aus den unzähligen Interferenzen einer Gesellschaft (Funktionssysteme, Erwartungsstrukturen, Denk- und Verdrängungsstandards) emergieren und man deshalb gezwungen sei, die besten Lösungen dafür auszuprobieren; man denke ewa an "die" Politik.[13]  Hölderlins 'Wo die Gefahr wächst, naht das Rettende auch' liest sich heute, auch unter Auf­bringung allen Op­timismus', nur noch als 'Wo die Rettung naht, da wächst die Gefahr', sprich: Lösungen sind die Elemente, die die Probleme nicht auf-, sondern einlösen, vermeh­ren, augmentieren. Diese Einsicht ist nicht neu: Sie ist vielleicht Mittransporteur gewesen für das, was mit der Neuzeit als Aufklärung in die Geschichte der Gesellschaften hineingestoßen wurde. Eine Unruhe griff Platz, Dinge, Sachverhalte und Erwartungen wa­ren nicht mehr in der Gegenwart alleine un­terbringbar, auf Zukunft mußte bewußt vorgegriffen werden, man wußte nicht mehr, zu was Handeln gut war (aber dafür, welchen Wert und Preis es besaß). Die Krise wurde das Modul oder Instru­ment der Lösung von Problemen, perfection resp. die schon re­signierte perfectibilité wurde Zielorientierung. Und als die Zukunft ihr Charisma der Erlö­sung, Auflösung oder zumindest Erledigung verlor, konnte immer noch das Begriffs­schema Lösung intakt bleiben: gelöst waren Probleme, wenn sie sich in andere, Abweichungsverstärkung besser integrierende  Probleme übersetzen liessen. - Heute, so scheint uns, gilt diese unproblematische An­wendung des Pro­blem/Lösungs-Sche­mas nur noch für Technik; dies nicht nur, weil Mar­xens Diktum, die Menschheit stelle sich nur die Probleme, die sie auch lösen könne[14], wohl nur die technologi­sche Dimension betrifft, sondern auch des­wegen, weil die zumeist noch tri­vialen Maschinen und Maschinenverknüpfungen der Technik den Begriff der Reparatur zulassen. Ist man gewillt anzunehmen, daß soziale Gesellschaften im Gestell der Technik enden werden (als Techniker Mensch; Wolfgang Schirmacher)[15], und zwar als sogenannte nicht-triviale selbst- referentielle autopoietische Maschinen, dann hätte man kein Problem mehr mit der schier zentralanthropologischen Aussage von Foersters, daß nur die Probleme, die unlösbar sind, Probleme sind, die die Menschen lösen können. Soft science hätte sich aufgelöst in software.[16] Und zwar gerade noch rechtzeitig aufgelöst, denn es mehrten sich in den letzten zwei Jahrzehnten Einbrüche innerhalb des Glaubens an Wissenschaft, Technik und an der Voraussetzung beider, nämlich die Welt als einen unbelebten und unmotivierten Kontext zu betrachten und dementsprechend von Wozu-Fragen zu Warum- und Wie-Fragen überzugehen. Die Übersetzung von Sozialwissenschaft in software[17] erlaubte also weiterhin im Modus der technischen Lösung Welt zu penetrieren, nun entlang der Fragen, wie sie Vilém Flusser formuliert hat: „Kann man auf eine soziale und ökonomische Technik hoffen, und muss man sich, solange die Sozialwissenschaften nicht so exakt sind wie die Naturwissenschaften, etwa mit Ersatzfreiheiten wie der Demokratie und dem freien Markt begnügen?“[18]

Ist man nicht gewillt, dies anzunehmen, und zugleich davon überzeugt, daß es einfache Lösungen nicht-technologischer Art zu geben vermag, die in die vor Komplexität überlaufenden Gesellschaften eingespeist werden können, dann hat man ein schwieriges Problem. Man muß sich einerseits abzugrenzen wissen von den hegemonial werdenden Strömungen innerhalb der soft science, die es sich zu einfach machen, indem sie Komplexität derart mimetisch übernehmen, daß eigentlich nicht mehr gesagt werden kann als: „Die Paradoxierung der Zivilisation hat nicht zur Zivilisierung des Paradoxen geführt“[19]; und andererseits abzugrenzen wissen von der ebenfalls hegemonial werdenden Strömung innerhalb der Wissenschaft im allgemeinen, die darin besteht, die bis dato den soft science zugewiesenen Dimensionen der Geschichte, der Soziologie, der Psychologie und der Philosophie umzumodeln in Probleme der Genetik-Wissenschaft, der Biologie, der Ethologie und der Informatik. Hier kommt eine einfache Lösung in den Blick, die beängstigend ist[20], besonders dann, wenn man die naturwissenschaftliche Lösung von Problemen in den Zusammenhang der Naturbeherrschung stellt und in diesem Zusammenhang die Eliminierung von Überraschungen betrachtet. „Eliminierung von Überraschung ist ein viel umfassenderes Vorhaben, als daß es mit Eindämmung oder Beseitigung von Gefahr getan wäre. Die Maßlosigkeit dieses Unternehmens entspricht der Unersättlichkeit des Sicherheitsanspruchs. Diesem Vorhaben gemäß muß jede Erscheinung der Natur, insbesondere aber das, was noch nicht einmal in Erscheinung getreten, also verborgen ist, mit Reflexion durchdrungen werden. [...] Vernunftgemäße Umwandlung der Natur bedeutet, daß die Reflexion das 'sich' zum Verschwinden bringt, d.h.: Die Reflexion kehrt sich gegen die Reflexivität. Diese Feststellung ist mehr als ein Wortspiel. Es tritt darin ein Widerspruch zutage, der am Ende auf die Selbstaufhebung der Reflexion hinausläuft.“[21] — Das kann man begrüßen, wenn man davon überzeugt ist, daß die dann letzte große übertechnologisierte Aktion des Menschen, nämlich absichtsvolle Beschleunigung des Zufalls, nicht grausamer ausfällt als die nun über 400 Jahre dauernde versuchte Ausrottung des Zufalls durch Rigidisierung des Codes sozialer (Funktions-)Systeme.[22] Ist man überzeugt, daß nicht nur, wie Luhmann betont, Kontingenz sich herausstellen könnte als der Eigenwert moderner Gesellschaften, sondern daß vielmehr im Gesellschaftsinfrastrukturwerden des Nichtvoraussagbaren, Nichtantizipierbaren, Nichteinplanbaren, Nichtreflektierbaren eine die Historie erst begründet habende Aufhebung der Vermittlungseffekte von Natur und Kultur zu enden scheint und damit zu ihrem Anfang (Disparation, Heteronomie, Mannigfaltigkeit) zurückkehrt, nun in Gestalt einer gesellschaftlichen Vermittlung als das schlechthin Unmittelbarste der Gesellschaft? Aber wenn dem so wäre: welches "historische Fenster" könnte die moderne Gesellschaft jetzt öffnen, um ihre Evolution resp. Entwicklung fortzusetzen? Wie es aussieht, macht ebendiese Fortsetzung der gesellschaftlichen Vermittlung einen "Seitensprung", praktiziert Disjektion resp. wechselt die Komponenten des "an vorderster Front" zu Evoluierenden, und setzt nun beim Menschen an[23], und zwar zeitlich beinahe getimt zu dem Zeitpunkt, an dem spezialisierte Semantiken in der Gesellschaft die Annahme plausibilisiert haben, das Subjekt sei verschwunden, sei tot, sei nie da gewesen. — Aus dieser Perspektive betrachtet erscheint der Individualismus des westlichen Kapitalismus als die archaischste Selbstbeschreibung inmitten einer technologischen Kultur, die ansetzt, menschliches Leben als eine Version der Organisation spezifischer Materie zu kreieren.

 

 

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Steht die geistig-kulturelle Lebenswelt im Blick, oder konkreter: die technophilen kapitalisti­schen G-7-Staaten, die zugleich die Spielregeln der Weltgesellschaft bestim­men, und steht zu­dem in Blick, wie gewaltig der Reorganisationsbedarf, der Bedarf an neuen Do­sierungen und Mischungsverhältnissen für gesellschaftliche Leistungs-, Refle­xions- und Funktionsre­lationen, der Bedarf an neuen Verkopplungsformen zwischen der Mikrodiversi­tätsform Indi­viduum und der Selbstorganisationsform Sozialsystem (Sozialisationsvehikel Staat, Familie, Arbeit), der Bedarf an sozialer Sinn- und Zeitvernichtung und der an neuen Formen der Zuschreibung von Verantwortlichkeiten ist, leert sich sehr schnell die Vorstellung der Problem­lösung; und damit, so unsere Vermutung, auch die Vorstellung von Problemen. Man richtet sich ein im Durchwurschteln, ignoriert die Unabsehbarkeit einer immer gleichzeitig passierenden Welt und hofft, nicht erwischt zu werden. Oder man versucht, die systemtheoretische Einsicht ins Verhältnis zwischen Kommunikation und Handlung[24] praktisch werden und ins eigene Tun und Lassen einfliessen zu lassen, auch wenn man weiß, daß trotzdem alltagsweltlich Handeln auf Individuen zugerechnet wird. Also scheint doch alles auf Heinz von Foersters Satz als all­gegenwärtiger Imperativ hinauszulaufen: ‚Nur die Fragen, die prinzipiell un­entscheidbar sind, kön­nen wir entscheiden'? Aber: Wer entscheidet über die prinzipielle Unentscheidbarkeit von Fragen? Wir?

 

 

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Wir - das sind die Menschen (Mensch ist als das, auf das wir mit Fingern zeigen können, wenn wir gefragt werden, was das ist: Mensch). Die letzten drei Dezennien lassen sich zu­mindest so lesen, als ob sie genau dies einzulösen such­ten: Die prinzipielle Unentscheidbarkeit von Fragen der Erkenntnis, der Handlungsleitung und der Problemlösung. Mit den Begriffen Un­wahrscheinlichkeit, Kontingenz, Komplexität, Poly­kontexturalität, Dissipation, Fraktali­tät und Chaos munitioniert, mit den Feuerwaffen namens Chaosforschung, Kybernetik zweiter Ordnung, Radikaler Konstruktivismus und soziologi­sche Systemtheorie ausge­stattet, unter­nahm vordringlich die Wissenschaft den An­griff auf Erwartbarkeit, Lösbar­keit, Wahrschein­lichkeit bestehender Ordnungsgestalten in der Ge­sellschaft, Ordnungs­gestalten, die doch irgendwann einmal ihren Beginn in der ant­wortenden Reaktion auf ein Problem oder Problemsyndrom gestartet haben mussten.[25] - Es waren und sind auch heute noch die großformatigen Versuche, reflexiv vorstellig zu machen, was nicht mehr dem Be­wußtsein zukommt. Hier scheint die soziologische Systemtheorie wohl die größten Aufnah­mekapazitäten für den Gedanken zu besitzen, daß sich Gesellschaft von den Men­schen emanzipiert und es also den Systemen und Kommunikationsmedien zu überlassen ist, wie sie von Menschen zu bedienen sind. Aber auch dieses Kontrastmittel zu von Foersters Resurrektion eines quasi-ontischen Dezisionismus, nämlich auf die selbstrefe­rentielle Reduktibilität des autopoietisch Komplexen zu bauen, bleibt ungenügend. Beide Versuche, Welt zum blindbleibenden Verstanden-Werden zu überreden, speisen sich aus einem aufrechter­haltenen Universalismus, der sich in zwei Begriffen repräsentiert: Komplexität und Parado­xie. Wird nicht auch hier wieder Einheit versprochen?; versprochen, daß Komplexität immer nur in Komplexitätsreduktion anzutreffen ist, und Paradoxie immer paradox zu sein hat?; versprochen, daß es einen Unterschied macht, ob eine Unterscheidung einen Unterschied macht (Information) oder nicht (Energie)?; und schließlich versprochen, daß Welt, obgleich immer tautologisch (etwas ist, was es ist) und paradox (etwas ist, was es nicht ist) zugleich, als die jeweils immer gleich anders bleibende Welt verstanden werden kann?

Wie dem auch immer sei in dieser abstrakten Sichthöhe: Es geht, so scheint es, schon längst nicht mehr um Verwendbar­keit, sondern nur noch um die Darstellbarkeit, vielleicht sogar nur noch um die Erwähnbar­keit von Wissen als etwas, das Sicherheit verspricht und Probleme löst. Insgeheim hat sich, vor­allem im natu­ralistischen Dekonstruktivismus, eine Verschiebung eingestellt, die das Lö­sen von Proble­men, Widersprüchen und Inkom­mensurabilitäten nicht nur metaphorisch der Biologie über­antwortet: Man wartet ab, bis Be­griffe, Metaphern, Weltbilder, Ein­stellungen und Inbezie­hungssetzungsmuster einfach ab­sterben, vielleicht gar aussterben — so der Vorschlag Richard Rortys: Zeit heilte bloß die Wunden, aber der Tod löste das unlösbare Problem. Und was wächst noch raus, jenseits der wohl nicht mehr intakt seienden Evolutionsfassung für menschliche Sozialität, der Revolution?[26]

 

 


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Einfache Lösungen - als Vorschlag, als Prospekt lassen sie uns an ihrer Glaubwürdigkeit zwei­feln; als realisierte, als gemachte einfache Lösungen faszinieren sie zuweilen, falls man sie überhaupt zu Gesicht bekommt; denn ein wesentliches Attribut an ihnen ist, daß sie sich so stark mit der Weltläufigkeit der Welt verweben, daß man sie weder bemerkt, noch erfährt, noch zu erklären vermag. Vielleicht besteht im beinahe alles durchherr­schenden Fi­gur-Hin­tergrund-Schema der Hintergrund nur aus einfachen Lösungen von Problemen, die sich aus einer einzigen Quelle speisten, nämlich dem Zwang des Men­schen zur Form.[27]

Wie auch immer: Nichts sei schwieriger, als etwas einfach zu realisieren, hört man gleich­sinnig von Architekten, Fernseh­unterhaltern, Politikern und Liebenden. Klar ist, daß das Identifizieren einfacher Lösungen von der Referenz der Kompliziertheit ausgeht, also weiß ums nie enden wollende Ozillieren der Gedanken, Pinselstriche, des Zeichen- und Ent­scheidungtreffens. Einfache Lösungen können nur gewürdigt werden von der Einsicht in die wenn nicht Unmöglichkeit von Lösung, so zumindest Möglichkeit anderer Lösun­gen. Ziel ist, so scheint es, die Procederes der notwen­dig kontingenten Elemente des Lö­sens entweder zu invisibilisieren oder als notwendig er­scheinen zu lassen. Aber was pas­siert, wenn sich die einfachen(?) Mechanismen der Verunsichtbarung von Paradoxie ei­ner Lösung oder Pro­blemstellung selbst nicht mehr verunsichtbaren lassen? Oder anders und abschließend ge­fragt: Schafft es die interessierte Gesellschaft erstmals in der Ge­schichte einen Prozeß be­wußt, reflektiert und gewußt in Gang zu bringen, der sonst im­mer nur nachträglich bewußt, reflektiert und gewußt wurde? Schafft sie es, im Moment, wo der große Planbarkeitsmythos der Aufklärung, nämlich Welt bestimmbar zu machen, kaputtgeht, historisch und seman­tisch einen großflächigen Plan durchzusetzen, der auf dem Wissen aufruht, daß Welten un­bestimmt zu bestimmen, daß also neue oder andere Formen dessen, was Bestimmung ge­heißen, experimentell zu versuchen sind? Könnte ge­sellschaftliche Gestaltung der Gesell­schaft aufruhen auf dem Wissen, daß alle Prinzipien systemabhängig sind und daß letztlich die Regel der Unformulierbarkeit derjenigen Re­gel, die die Einheit des jeweiligen Systems konstituiert, das letzte ist, was sich Distinktion unterzieht? Käme die interessierte Gesell­schaft also im Moment ihrer größten Wider­sprüchlichkeit in die Lage, am nächsten dem zu sein, was man zur Zeit mit immer mehr Plausibilität der Welt unterstellt, nämlich selbst para­dox, zirkulär und selbstreferentiell strukturiert zu sein? Kurz: Kann nach den nun Jahrzehnte anhaltenen Bemühungen, das Komplexe selbst für einfach zu halten, die Einsicht wieder bedient werden, daß es auch Einfachheit innerhalb komplexer Wirklichkeiten gibt, die gerade nicht durch ein komplexes Denken der komplexen Wirklichkeit erkannt werden kann, die vielleicht gar nicht mehr erkannt werden kann, sondern entweder nur noch körperlich erfahren oder durch vernetzte Rechner errechnet?

 

 

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„Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß wir das Eigentliche unserer Arbeit verzerrt darstellen, wenn wir als unser Thema 'Komplexität' angeben, denn ein entscheidendes Merkmal des ganzen Unternehmens ist die Einfachheit der Grundregeln“ (Murray Gell-Mann)[28].

 



[1] Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, FFM 1984, p33.

[2] Jürgen Klüver, Soziologie als Computerexperiment. Modellierungen soziologischer Theorien durch KI- und KL-Programmierung, Braunschweig/Wiesbaden 1995, p129.

[3] Duden »Etymologie«. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, 2., völlig neu bearb. u. erw. Aufl., Mannheim u.a. 1989, p426.

[4] Dito, p148 + 171.

[5] Allerspätestens seit Werner Hamacher kann man Einblick nehmen ins komplizierte Verhältnis zwischen einerseits Verstehen und Unverstandenes und andererseits Verstehen und Wissen (Entferntes Verstehen. Studien zu Philosophie und Literatur von Kant bis Celan, FFM 1998). Basieren Lösungen auf Wissen und nicht auf Verstehen?

[6] Die Komplexitätstheorie versuchte zudem noch, keinerlei klare Distinktion zwischen einfach und komplex mehr zuzulassen, etwa durch Verwechslungen der Einfachheit von Einfachem und der Komplexheit von Komplexem: simplexity/complicity.

[7] Ders., Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, 20. Aufl., FFM 1991, p334.

[8] Problem-, Lösungs- und Problemlösungskonfigurationen nichttechnischer Herkunft innerhalb von Maschinenkommunikationsradien zu generieren, die auch die Komplexitätsverarbeitungsdichte von Wahrnehmung (bis hin zum tacit knowledge) als Focus annehmen, ist nach meiner Kenntnis noch nicht weit gediehen. Siehe Jürgen Klüver, Soziologie als Computerexperiment. Modellierungen soziologischer Theorien durch KI- und KL-Programmierung, Braunschweig/Wiesbaden 1995. — Es bleibt vorerst noch bei sprachlicher Kommunikation; und selbst für die gilt: „Wir reden viel über unsere Schwierigkeiten, eine Sprache über komplexe Phänomene zu finden. Aber wir reden kaum über die vielleicht noch größere Schwierigkeit, in komplexen Situationen die richtigen Worte und Handlungen zu finden“ (Dirk Baecker, Postheroisches Management. Ein Vademecum, Berlin 1994, p23).

[9] Vielleicht prototypisch die Szene aus dem Kinofilm "Apollo 13", in der  Tom Hanks vollkommen ruhig an die Bodenstation meldet: "We have a problem".

[10] Die Gesellschaft entwickele Denkfiguren, so Luhmann, mit denen sie die Unbeobachtbarkeit der Welt aushalten und Intransparenz produktiv werden lassen kann (Beobachtungen der Moderne, Opladen 1992, p220). - Wir behaupten allerdings keine Nichtbeobachtbarkeit, sondern eine beginnende Unvorstellbarkeit; zwar nicht der Welt, aber der Probleme von menschlichen Gesellschaften.

[11] Man könnte hier an die eingeschliffenen Begriffe wie Reformstau (resp. Unterlassungsstau) oder Handlungsbedarf (Unterlassungsbedarf) denken. Gemeint ist jedoch vielmehr, daß diese Vakua in der Gesellschaft vergleichbar sind mit den sogenannten "schwarzen Löchern", die, so neueste Messungen des Weltraumteleskops Hubble, vermutlich in 14 von 15 Galaxiekernen "sitzen". Schwarze Löcher können nicht direkt beobachtet werden. Forscher analysieren statt dessen die Bewegung von Sternen, die nahe um die Zentren der Galaxien kreisen. ‚Da ist etwas: Es wiegt eine Menge, es ist völlig schwarz und wir wissen nicht, was es sonst sein könnte‘: so der kanadische Astronom Scott Tremane. Und: 99% der von schwarzen Löchern angezogenen Materie verschwinde hinter dem sogenannten Ereignishorizont und sei damit für immer von der Außenwelt abgeschnitten (allerdings geht Steve Hawkins davon aus, daß quantenmechanische Effekte diesen Außenweltkontakt wieder restituieren). Siehe: http://rhein-zeitung.de/old/97/01/17/topnews/ blackholes.html.

[12] Luhmann hat sich für das Diesseits entschieden, da nur so die Zuständigkeitsgrenzen einer Disziplin nicht mehr durch die gegenständliche Umwelt festgelegt, sondern Artefakte des Wissenschaftssystems werden. Die Konsequenzen sind unter anderem die, „daß konstituierende Problemstellungen immer schon gelöste Probleme betreffen, sie wären sonst selbst nicht möglich. Sie können, da selbstreferentiell gebaut, auch nicht eigentlich begründet werden. Aber jede antwortende Theorie muß dann den Zusatztest durchlaufen, ob sie auch die Bedingungen der Möglichkeit ihrer Problemstellung miteinbeziehen kann. An die Stelle einer Begründung tritt gewissermaßen dieser Selbstreferenztest“ (Wie ist soziale Ordnung möglich?, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Bd.2, FFM 1993 (1981), p195-285, hier: p196).

[13] Nicht mehr haben Politiker Probleme zu bewältigen, die in der Gesellschaft aus- und unausgesprochen das Entscheiden, Handeln, Kämpfen  und Deuten bestimmen, sondern: die Gesellschaft hat Probleme mit den Politikern. Der gesamte kalte Krieg war eine Angelegenheit der verschiedenen nationalen politischen Klassen, in die die gesamte Weltbevölkerung hineingezogen wurde. — Dies kann man allerdings nur nachvollziehen, wenn man den Gedanken der politischen Repräsentation nicht mehr nachvollzieht.

[14] Analog zu Georg Runzes Sprachbeurteilung, daß das problemformulierende Leistungsvermögen der Sprache nicht wesentlich weiter reicht als ihre Fähigkeit, zur Lösung der Probleme beizutragen.

[15] Derselbe, Ereignis Technik, Wien 1990.

[16] Denn, so von Foersters Theorem Nr.2: „Die 'hard sciences' sind erfolgreich, weil sie sich mit den 'soft problems' beschäftigen, die 'soft science' haben zu kämpfen, denn sie haben es mit den 'hard problems' zu tun.“ (Heinz von Foerster, Sicht und Einsicht. Versuche zu einer operativen Erkenntnistheorie, dt., Braunschweig 1985, p17.) — Soziologische Probleme als letztlich technologische Probleme zu bedeuten wäre also nichts anders als der Versuch, der sozialen Welt und ihren Begriffen (Erwartung, Handlung, Erleben, Sprechen) den Status der analytischen Eigenständigkeit zu entziehen. Was das heißen könnte, ist bei Jean Baudrillard nachzulesen (Das perfekte Verbrechen, dt., München 1996, z.B. p113ff.).

[17] Dazu mit weiter Berechtigung skeptisch, allerdings von einer anderen Sicht ausgehend Friedrich A. Kittler, Es gibt keine Software, in: Hans Ulrich Gumbrecht/K.Ludwig Pfeiffer (Hg.): Schrift, München 1993, p367-378.

[18] Derselbe, Zeichen der Freiheit, in: Daniel Charles, Vilém Flusser u.a.: Zeichen der Freiheit, Bern 1992, p44-53, hier: p49f. Weiter unten (p50) heißt es schließlich die Fragen vorentscheidend: „Das neuzeitliche Weltbild, das implizit die moderne Wissenschaft trägt und auf welchem das ganze riesige Gebäude aus Algorithmen und Theoremen beruht, dem wir die Technik verdanken, dieses neuzeitliche Weltbild hat sich jüngst als trügerisch erwiesen.“

[19] Niklas Luhmann, Sthenographie, in: Derselbe u.a.: Beobachter. Konvergenz der Erkenntnistheorien?, 2.Aufl, München 1992, p119-137, hier: p120.

[20] Das gilt auch für die sehr symphatische Kreation von Murray Gell-Mann namens Plektik als einer Wissenschaft von der Einfachheit und Komplexität (siehe John Brockman, Die ditte Kultur. Das Weltbild der modernen Naturwissenschaft, dt., München 1996, p439ff.).

[21] Marianne Gronemeyer, Das Leben als letzte Gelegenheit. Sicherheitsbedürfnisse und Zeitknappheit, 2., unverä. Aufl., Darmstadt 1996, p43. „Wir werden das Was und Wie, so wie es sich der common sense malt, schlankweg auf den Kopf stellen, wenn wir dadurch irgendeinen Widerspruch von 0,003 auf 0,002 herabdrücken können“, meinte der radikale Mathematiker Paul Mongré (d.i. Felix Hausdorff) in seinem Buch Sant´ Ilario: Gedanken aus der Landschaft Zarathustras, Leipzig 1897, p340, zitiert bei Herbert Mehrtens, Symbolische Imperative. Zu Natur und Beherrschungsprogramm der wissenschaftlichen Moderne, in: Wolfgang Zapf (Hg.): Die Modernisierung moderner Gesellschaften. Verhandlungen des 25. Deutschen Soziologentages in FFM 1990, FFM/New York 1990, p604-616, hier: p610.

[22] Die Vorlage für solch einen Abgleich der Kosten des - um es zu vereinfachen - Entwerfens von Welt und des Geworfenseins in eine entworfene Welt bietet immer noch der präzise Abgleich der Kosten geistiger und physischer Natur durch St. Just in seiner Rede im Nationalkonvent, mit der er das Guillotinieren Dantons rechtfertigt: „Ich frage nun: soll die geistige Natur in ihren Revolutionen mehr Rücksicht nehmen als die physische? Soll eine Idee nicht ebensogut wie ein Gesetz der Physik vernichten dürfen, was sich ihr widersetzt? Soll überhaupt ein Ereignis, was die ganze Gestaltung der moralischen Natur [...] umändert, nicht durch Blut gehen dürfen? Der Weltgeist bedient sich in der geistigen Sphäre unserer Arme ebenso, wie er in der physischen Vulkane und Wasserfluten gebraucht. Was liegt daran, ob sie an einer Seuche oder an der Revolution sterben?“ - Georg Büchner, Dantons Tod, (1835), Stuttgart 1989, p44.

[23] Man kann sich das vielleicht daran einsichtig machen, daß der Mensch, verstanden als  Einheit chemo-pysikalischer, elektrischer, biologischer, physiognomischer, vielleicht gar ethiologischer und anthropologischer Zusammensätze, seit mindestens 30 000 Jahren relativ unverändert geblieben ist; mitnichten ist dies sagbar von der Gesellschaft, verstanden als Einheit all dessen, was zwischen Menschen (einfache Warenproduktion) und zwischen den "Zwischens" von Menschen (abstrakte Warenproduktion) sich zusammensetzt und wieder auflöst. Vielleicht war die Evolution von menschlicher Gesellschaft nur der Vorhof der Variationsebene; mit der Genetikologie des Menschen beginnt die Selektionsebene des evolutiven Schubes, der aufs körperliche Leben aus ist, nicht mehr aber auf die evolutiven Erfindungen namens gesellschaftliche Kommunikation und Bewußtsein. – Es sperrt sich allerdings noch zu denken, daß Evolution nur der langwierigste strategische Umweg zur Beseitigung der Abhängigkeit des Lebens von Körperlichkeit sein könnte; vielleicht muß man das Universum denken können, um nachzuvollziehen, daß sich Leben, Körper, Geist und Welt so zueinander verhalten wie die Sterne im All.

[24] Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, FFM 1984, p225-236. Handlung ist die praktische Verunsichtbarung der Nichtbeobachtbarkeit von Kommunikation.

[25] Man kann noch tiefer gehen und, konflikttheoretisch eingerahmt, fragen, welches Problembündel vorgelegt haben muß, damit sich die Lösung "Leben" ergab. Und, nun weitergehend, fragen, welche Lösungen in der  Zeit sichtbar geworden sind, die auf das Problem "Leben" zu antworten suchten: das Bewußtsein, die Sprache?; und, letzte Frage, welche Lösungen das Problemsyndrom Mensch/Sprache zur Zeit sichtbar werden läßt: Gentechnik, begehbare Bilder? Zwischen 'Leben'  und 'Ordnungsgestalten' in der Gesellschaft setzt Peter Fuchs die Gesellschaft an: „Gesellschaft ist zunächst die Lösung des Problems, das durch doppelte Kontingenz gestellt ist, und sie ist zugleich der Generator dieses Problems“ (Der Mensch - das Medium der Gesellschaft?, in: Ders. u. Andreas Göbel  (Hg.), Der Mensch - das Medium der Gesellschaft?, FFM 1994, p15-39, hier: p36).

[26] Wenn in der gegenwärtigen Gesellschaft von Wachstum die Rede ist, dann, abgesehen von der Marginalie der "nachhaltigen Entwicklung" und abgesehen von der Wachstumsabsenz in der Ökonomie, handelt es sich zumeist um Euphemismus; Wucherungen träfe es besser.

[27] Für Peter Fuchs gilt dies, mehr mit Blick aufs Formen ermöglichende Medium, generell als perpetuum movens von Evolution: die Variation, Selektion und Stabilisierung loser/fester Elemente des jeweiligen Mediums zu Formen und zu Elementen ("Hintergrundaktivität der Medien"), siehe: Ders., Der Mensch - das Medium der Gesellschaft?, in: Ders. und  Andreas Göbel (Hg.), Der Mensch - das Medium der Gesellschaft?, FFM 1994, p15-39, hier: p23f.

[28] in: John Brockman, Die dritte Kultur. Das Weltbild der modernen Naturwissenschaft, dt., München 1996, p441.